Kontrolle über den Arbeitsort ist wichtig

Zurück zum alten Arbeitsplatz? Nur besser? Dafür müssen wir uns erst einmal anschauen, was sich in den letzten Jahren so verändert hat. Der Drang nach Mitspracherecht im Bereich der Büroarbeitswelt ist so hoch wie noch nie. Gleichzeitig hat eine Vertrauenserosion stattgefunden. Durch die physische Distanz ist das gegenseitige Vertrauen auf die Probe gestellt worden. Das zeigt sich in Talentabwanderung und Sinken der Produktions- und Innovationskraft. Doch wie können wir gegensteuern?

Laut der aktuellen Global Work Studie von Steelcase sind Privatsphäre und der individuelle Arbeitsplatz durch die Erfahrungen der Pandemie-Zeit wichtiger denn je. Drei Erkenntnisse stehen dabei im Mittelpunkt:

  1.  Die Gestaltung des Büros hat maßgeblichen Einfluss auf das Mitarbeiterengagement
  2. Der eigene Arbeitsbereich hat einen höheren Stellenwert als gedacht
  3. Rückzugsbereiche sind das A und O für die Privatsphäre und Fokusarbeit

DAS BEDÜRFNIS NACH PRIVATSPHÄRE

Tatsächlich ist das Verlangen nach einem eigenen Arbeitsplatz, den die Mitarbeitenden für sich individuell gestalten können, stärker als vermutet. Die Erfahrungen des ‚remote working‘ haben sicherlich Bedürfnisse geweckt, die schon länger in uns geschlummert haben. Jetzt ist es an uns, herauszufinden, wie wir diesen Bedürfnissen am Arbeitsort gerecht werden können. Schließlich geht der Trend schon länger dahin, individuelle Arbeitsplätze zugunsten von Desksharing und offenen Teamspaces aufzugeben. Für diese Entwicklung scheinen die Erkenntnisse des Global Reports erst einmal überraschend zu sein. Ist die ganze Diskussion über die Zukunft des Büros als ein Ort der sozialen Zusammenkunft und des gemeinschaftlichen Arbeitens obsolet? Ist Desksharing kontraproduktiv? Brauchen wir wieder mehr Einzelbüros? Nein, aber wir müssen jetzt unsere Konsequenzen daraus ziehen, dass so viele Menschen nach mehr Kontrolle über den Arbeitsort verlangen. Die hybride Arbeitswelt hat dies noch verstärkt, denn auch für einen Videocall benötigen wir ein Umfeld, in dem wir weder gestört werden noch selbst Störfaktor sind.

DAS BÜRO BLEIBT DER DREH- UND ANGELPUNKT DES UNTERNEHMENS

Doch solange die Mitarbeitenden im Büro keine Privatsphäre erhalten, bevorzugen sie weiterhin das Arbeiten von zu Hause aus. Wir wissen aber, dass das Büro als strategische Ressource enorm wichtig ist. Denn es ist der Ort, an dem die Unternehmenskultur zum Leben erweckt wird. Es ermöglicht soziale Interaktion und trägt zum Vertrauenserhalt bei. Laut dem Global Report vom April 2022 sind Angestellte in Deutschland, die gern im Büro arbeiten, um 6% produktiver,  22% engagierter und identifizieren sich um 19% mehr mit ihrem Arbeitgeber. Das sind wichtige Faktoren im Kampf um die Talente. Der Arbeitsraum muss vor allem zwei Dingen dienen: Erstens muss es ein guter Ort zum Arbeiten sein. Zweitens muss es ein Ort der Wertekommunikation sein und dem Unternehmen und seinen Mitarbeitenden die nötige Resilienz bieten, um flexibel und erfolgreich auf Veränderungen reagieren zu können.

Wie können wir soziale Interaktion und kreativen Austausch fördern? Wie können wir die Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro bringen? Dafür brauchen wir erst einmal eines: Einen Arbeitsort, den Mitarbeitende selbst kontrollieren und individuell gestalten können. Er muss die Möglichkeit bieten, sich fokussiert auf die Arbeit einzulassen, aber auch komfortabel in ein Videomeeting einzusteigen. Das heißt nicht, dass wir deshalb dezidierte Meeting-Areas, offene und mobile Besprechungsräume wieder streichen sollten. Das wäre kontraproduktiv, da es doch genau die Kommunikations- und Zwischenzonen sind, die das Büro attraktiver machen. Stattdessen ist eine individuelle Evaluation ist gefragt. Für welche Mitarbeitenden und für welche Arbeitsweise ist ein persönlicher Arbeitsplatz von hoher Wichtigkeit? Wie lassen sich private und öffentliche Zonen so kombinieren, sodass es die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden erfüllt? Es geht um Individualität, nicht um Massenlösungen.

PRIVATSPHÄRE KANN AUCH FLEXIBEL SEIN

Was lässt sich also konkret umsetzen? Wir müssen Arbeitsumgebungen schaffen, die sowohl die Kontrolle über den eigenen Arbeitsbereich als  auch eine Auswahl von verschiedenen Arbeitsmodi ermöglichen. Sie müssen dazu beitragen, einen neuen Blick auf das Thema ‚Eigentum‘ zu werfen. Schließlich kann es auch spezifische Teambereiche geben, in denen für einen gewissen Zeitraum alle Tools und Materialien zur Verfügung stehen. Für einen gelungenen Arbeitsablauf müssen wir die Rahmenbedingungen klar festlegen: Wo sind die Areale für Fokusarbeit? Wo kann ich mein Eigentum aufbewahren? Und wo finde ich wichtige Teamkollegen?

Akustisch und visuell wirksame Trennwände oder flexible Möbel mit integrierten Whiteboard am eigenen Arbeitsbereich bieten Privatsphäre und können auch für Brainstormings eingesetzt werden. Ein zusätzlicher Stauraum durch funktionale Körbe oder Boxen schafft einen schnellen Zugriff auf private Gegenstände. Digitale Lösungen zur Arbeitsplatz- oder Raumbuchung können ein strukturiertes hybrides Arbeitsmodell unterstützen, ohne dass dabei die Privatsphäre verloren geht. Es gibt Möglichkeiten, das Büro von heute so zu gestalten, dass es vor allem eines sein kann: Ein guter Arbeitsort für Menschen.

 

Fotos: Steelcase