Das Großraumbüro erobert das 20. Jahrhundert

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Büro rasant weiter – durch die Weiterentwicklung der Kommunikationsmedien und die daraus resultierende Automatisierung ergaben sich neue Rahmenbedingungen für die ‚white collar work‘.

Großraumbüro der 60er Jahren in den USA – In Deutschland kommt der Trend erst später an

Rauchschwaden durchziehen die Büros der 70er Jahre

In den 70er Jahren bestand die Arbeitsweise vor allem aus Routineaufgaben. Noch wurd alles händisch auf Papier eingetippt. Die Schreibtische waren voller Papierberge und Akten. Es gab Ordner und Briefkörbe an jedem Arbeitsplatz, denn alles musste sorgfältig abgeheftet werden. Dabei war der Stauraumbedarf enorm. Der Mittelpunkt der Arbeitswelt war die häufig auch schon elektromechanische Schreibmaschine. Als oberste Priorität galt die körperliche Anwesenheit der Mitarbeitenden. Das Thema ‚Arbeiten von zu Hause aus‘ spielte keine Rolle. Beim Abarbeiten der Aufgaben war volle Konzentration gefragt. Eine weitere gesundheitliche Herausforderung waren die Rauchschwaden, denn Rauchen am Arbeitsplatz war erlaubt. Ebenso war es nicht unüblich, Alkohol auf den Schreibtischen zu finden.

Ein weiteres Alltagsritual: Das Durchblättern dicker Telefonbücher, denn mittlerweile war das Telefon das wichtigste Kommunikationsmedium. Für den internen Informationsfluss griff man häufig noch auf Rohrpostanalgen zurück. Dadurch mussten Mitarbeitende nicht das halbe Bürogebäude durchqueren.

Rostrot, Senfgelb und Cognac: Das Büro der 70er ist bunt

In den 70er Jahren rückte das Design allerdings mehr und mehr in den Fokus. Möbel aus Holz und Bürostühle mit Rollen und Lederbezug fanden sich verstärkt in den Arbeitswelten. Die Farbgestaltung orientierte sich an den Trends der 70er Jahre: Bunt gemusterte Teppiche, die Farben Rostrot, Cognac und Senfgelb waren angesagt. Für Tapeten, Decken und Böden wurde häufig auf einen orangenen Farbton zurückgegriffen. In Einzelbüros verbreiteten sich die Loungemöbel, die als bequeme Sitzmöglichkeiten während Besprechungen populär wurden.

Auch die Auseinandersetzung mit einer ergonomischen Büroausstattung nahm – zumindest in der Chefetage – zu. Denn die Erkenntnis, dass sich Gesundheit und die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden auf die Motivation und die daraus resultierende Produktivität hat, kam allmählich auf. Ende der 70er Jahre gehörte die Ausstattung von Bürodrehstühlen mit Synchronmechanik zur ersten benutzerfreundlichen Normausstattung. Auch das Stehpult wurde bereits eingesetzt, da bereits bekannt war, dass dauerhaftes Sitzen krank macht.

Die Cubicles erobern das amerikanische Büro

Bereits in den 60ern verbreitete sich das aus den USA stammende Großraumbüro immer mehr auch in Deutschland. Es gehörte nun zur Normalität, so viel Arbeitnehmende wie möglich in einen Raum zu quetschen. Meistens war es stickig, laut und es gab in der Raummitte kein Tageslicht. Durch die Erfindung des ‚Cubicle‘ sollte in diesen Räumlichkeiten mehr Privatsphäre hergestellt werden.

Die sogenannten Cubicle (dt.: Arbeitszellen) wurden 1967 von Robert Probst mit dem Namen ‚Action Office II‘ erfunden. Die Intention dahinter war, mehr visuelle und auditive Privatsphäre herzustellen. Dabei sollten die individuellen Bedürfnisse und Bewegung der Arbeitnehmenden im Fokus stehen. Aus heutiger Perspektive ging das allerdings nach hinten los. Letztlich stand die effiziente Nutzung der Bürofläche vor der effektiven Kommunikationsmöglichkeit der Mitarbeitenden.

Die Parzellierung von Großraumbüros prägte das Negativ-Image der klassischen Büroarbeit. Der Mensch wurde zur Ameise im kapitalistischen System und schien einfach ersetzbar. Zudem verstärkte sich die Hierarchisierung, da die Chef-Büros weiterhin bestehen blieben. Der einzige Vorteil gegenüber den Schreibsälen der 20er Jahre war, dass nicht mehr jeder Schritt von einem ‚Vorseher‘ beobachtet und dokumentiert wurden konnte. Durch andere architektonische Voraussetzungen (Flurstruktur, Einzelbüros) verbreitet sich der Trend in Deutschland allerdings nie so stark wie in den USA.

In Deutschland setzte sich der Trend zum Großraumbüro allmählich durch. Durch architektonische Voraussetzungen (Flurstruktur, Einzelbüros) verbreiteet es sich allerdings nie so stark wie in den USA.

Fazit: Die Erfindung des Cubicle prägt das Image der Büroarbeit

Die körperliche Arbeitsbelastung war aufgrund fehlender technischer Ausstattung in den Büros der 70er Jahre noch enorm, vor allem im Vergleich zu den heutigen Zeiten. Der Arbeitsstil der damaligen Zeit war sehr strukturiert und streng. Mit der Schreibmaschine waren die Arbeitsschritte und der damit einhergehende Arbeitsaufwand enorm hoch. Trotzdem setzten sich die ersten Bestrebungen, das Büro ‚gesundheitsfreundlicher‘ zu gestalten, durch. Jedoch setzte sich immer mehr ein Stilbewusstsein durch, das heute als ‚Retro‘-Design durchaus wiederkehrt. Dunkle Holztöne neben bunten Farben an den Wänden sind Stilelemente, die sich auch heute wieder in den Büros finden lassen.

Fotos von steelcase


In den ersten beiden Beiträgen zur Geschichte des Büros gehen wir auf die Ursprünge und die Entwicklung im 19. und frühen 20. Jahrhundert ein.

Wie schaffen wir es, Arbeitswelten zu gestalten, in denen alle teilhaben können? Inklusives Design geht uns alle an. 



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